Hefe ist heute fester Bestandteil eines typischen Brotteiges. Aber auch für Süssgebäck und Kuchen kommt der einzellige Pilz zum Einsatz. Was ist Hefe eigentlich genau? Warum geht Hefeteig auf? Heute kommt die Backhefe, auch Bierhefe genannt, genauer unter die Lupe.
Was ist Hefe?
Die Hefe ist ein Pilz. So viel ist vermutlich den meisten bekannt. Allerdings bezeichnet das Wort Hefe nicht nur eine Pilzart, sondern eine ganze Ordnung im Reich der Pilze. Es gibt unzählige Hefearten. Eines haben sie aber alle gemeinsam: Sie sind Einzeller, die sich durch Sprossung vermehren. Das heisst: Aus einer Mutterzelle entsteht eine kleinere Tochterzelle, die anschliessend wächst. Diese Art der Vermehrung unterscheidet sich von der Spaltung (oder Teilung), bei der aus einer Zelle zwei gleichgrosse Zellen entstehen.
Vielleicht kennt der ein oder andere den Begriff Hefe nicht nur aus der Küche, sondern auch aus der Medizin, wo man öfters von Hefe im Zusammenhang mit Pilzinfektionen hört. Dazu sei gleich eins gesagt: Das hat mit Backhefe nichts zu tun. Es gibt viele Hefepilze, allen voran Candida albicans, die beim Menschen zu Pilzbefall führen können, wenn zum Beispiel das Immunsystem geschwächt oder die Bedingungen besonders gut sind. Dies sind aber ganz andere Hefepilzarten, als jene, die wir zum Backen verwenden.
Beim Backen mit Sauerteig kommen viele verschiedene wilde Hefearten zum Einsatz, die sich bereits im Mehl (bzw. auf dem Getreide) befinden. Wenn wir ohne Sauerteig backen, verwenden wir immer dieselbe Hefeart: Saccharomyces cerevisiae oder zu Deutsch: Die Backhefe, Bäckerhefe, Bierhefe, Kulturhefe, Bärme oder Germ (in Österreich und Bayern).
Geschichte der Backhefe
Hefe wurde unbewusst schon zum Lockern von Brot verwendet, seitdem es Brot überhaupt gibt, also zum Beispiel schon von den Alten Ägyptern. Hefepilze befinden sich nämlich bereits von Natur aus im Mehl. Deshalb braucht es zur Herstellung von Sauerteig auch nicht mehr als Mehl und Wasser. Bis zur gezielten Verwendung der Backhefe, wie wir sie heute kennen, dauerte es aber noch lange.
Im Mittelalter gab es den Beruf des "Hefners". Ein Hefner war Teil des Brauwesens und für die Pflege und Vermehrung der Hefe zuständig. Die Hefe wurde zum Brauen von Bier benötigt. Zum ersten Mal unter dem Mikroskop beobachtet wurden Hefepilze erst um das Jahr 1680.
Im 18. Jahrhundert bezogen die Bäckereien dann Hefe von den Brauereien. Erst von da an wurde Hefe gezielt zum Backen verwendet. Dadurch liess sich feineres, süsseres Gebäck herstellen, als mit herkömmlichem Sauerteig. Die Hefepilzart Saccharomyces cerevisiae (obergärige Hefe) erwies sich als ideal zum Backen.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts stiegen viele Brauereien dann aber auf andere, untergärige Hefearten oder untergärige Stämme von Saccharomyces cerevisiae um. Die Bäcker erzielten damit nicht mehr so gute Ergebnisse wie zuvor und das Verlangen nach einer eigenen Bäckerhefe startete die industrielle Produktion ebendieser.
Die Mautner Markhof AG, ein österreichisches Unternehmen, entwickelte daraufhin ein industrielles Verfahren zur Herstellung von Presshefe, das sich weltweit durchsetzte. Die Produktion dieser Backhefe begann um 1846.
Für die Produktion der Backhefe, wie wir sie heute kennen, wird ein Hefestamm vermehrt. Bei optimalen Verhältnissen wird die Hefe mit Melasse, Vitaminen und Nährsalzen gefüttert, bis aus einzelnen Hefezellen viele Milliarden werden. Es entsteht die Hefemilch oder der Heferahm. Sie wird durch verschiedene Verfahren konzentriert und filtriert, bis die typische Presshefe mit einem Flüssigkeitsgehalt von 70 - 75 % entsteht. In einem einzelnen Gramm Presshefe stecken ca. 10 Milliarden Hefezellen.
Auch heute wird zur Herstellung von Backhefe noch die Hefeart Saccharomyces cerevisiae verwendet. Sie hat ideale Backeigenschaften: Eine sehr starke Triebkraft, aber nur wenig glutenzerstörende Enzyme.
Wie funktioniert die Hefe im Teig?
Stockgare und Stückgare
Wenn wir einen Hefeteig herstellen, lassen wir ihn normalerweise zweimal gehen. Das heisst, wir lassen den Teig zugedeckt stehen und die Hefe gären. Das erste Mal passiert das direkt nach dem Kneten des Teigs. Dies nennt man Stockgare. Das zweite Mal geht der Teig erst bevor das fertige Gebäck in den Ofen kommt. Dies nennt man Stückgare. Während diesen beiden Gärvorgängen machen wir uns unterschiedliche Tätigkeiten der Hefe zu Nutze.
Hefevermehrung und Hefegärung
Bei der Stockgare wird vorallem die Hefevermehrung angestrebt. Bei eher tiefen Temperaturen (unter 26°C) und in sauerstoffreicher Umgebung, kann sich die Hefe per Knospung vermehren. Dies ist besonders bei langer Teigführung erwünscht, bei der man dem Teig nur wenig Hefe beigibt.
In der Stückgare hingegen, ist besonders die Hefegärung wichtig. Sie findet optimal bei höheren Temperaturen (30 - 35°C) und in sauerstoffarmer Umgebung statt. Enzyme (Eiweisse) in der Hefe wandeln Zucker, welcher in der Stärke des Mehls vorhanden ist, in Kohlenstoffdioxid (CO2), Alkohol und verschiedene Säuren um.
Alkohol und Säure geben dem Brot Geschmack. Deshalb ergeben Teige mit wenig Hefe, die lange Ruhezeiten haben, die Brote mit dem meisten Aroma. Das CO2 bildet im Teig Luftbläschen, die von der Stärke des Mehls umgeben werden: Der Teig geht auf und wird luftig.
In Bäckereien werden diese Vorgänge in Gärräumen sehr gezielt kontrolliert. Zuhause haben wir Hobbybäcker meist nicht die Möglichkeit, Temperatur und Sauerstoffgehalt der Umgebung ohne grossen Aufwand zu beeinflussen. Angefressene Brotbäcker können zwar ähnliche Geräte für den Haushalt erwerben, meist jedoch findet die Gärung bei uns in einer Schüssel bei Raumtemperatur statt. Dabei finden bei Stock- und Stückgare beide Vorgänge parallel statt. Auch das funktioniert und bietet für zuhause ausreichende Ergebnisse.
Unterschied Trockenhefe und Frischhefe
Die Backhefe ist im Handel hauptsächlich in zwei Varianten erhältlich: Als frische Hefe in Würfelform zu je 42 g oder als Trockenhefe in Tütchen zu je 7 g. Manchmal auch als Flüssighefe, aber die ist nicht besonders relevant.
Der offensichtliche Unterschied zwischen den zwei Varianten ist der Flüssigkeitsgehalt. Bei der frischen Hefe beträgt er ca. 70 - 75 %, während die Trockenhefe auf maximal 5 % kommt. Dadurch ist die Trockenhefe viel länger haltbar. Frische Hefe verliert schon nach 14 Tagen an Triebkraft und verdirbt anschliessend bald, während Trockenhefe rund ein Jahr lang haltbar ist.
Trockenhefe und Frischhefe umrechnen
Man kann in jedem Rezept Frischhefe durch Trockenhefe ersetzen und umgekehrt. Ein Päckchen Trockenhefe (7 g) entspricht dabei einem halben Würfel Frischhefe (21 g). Ein Würfel frische Hefe (42 g) entspricht daher zwei Päckchen Trockenhefe (14 g). Oder anders ausgedrückt: Es wird immer drei Mal so viel Frischhefe wie Trockenhefe benötigt. Die Menge Trockenhefe entspricht immer einem Drittel der Menge Frischhefe.
Die Anwendung
Frischhefe und Trockenhefe unterscheiden sich auch in der Anwendung, da Trockenhefe inaktiv ist. Frischhefe ist hingegen immer aktiv. Deshalb kann Frischhefe auch einfach zerbröckelt und direkt zum Mehl gegen werden.
Trockenhefe muss in der Regel zuerst aktiviert werden. Dafür gibt man sie, meist zusammen mit etwas Zucker, in warme Flüssigkeit (optimal 30°C - 40°C) und wartet ca. 10 min., bis sie schäumt. Mittlerweile gibt es aber auch Trockenhefe, die man nicht mehr aktivieren muss und die direkt dem Mehl beigegeben werden kann. Hinweise dazu findest du auf der Verpackung. Egal ob trocken oder frisch: Hefe stirbt ab Temperaturen über 45°C. Deshalb sollte Hefe nie in heisse bzw. zu warme Flüssigkeit gegeben werden.
Was ist besser?
Ob eine der beiden Varianten in Bezug auf das Backergebnis Vorteile aufweist, ist umstritten. Viele sind der Meinung, dass die frische Hefe besser treibt und der Teig damit ein grösseres Volumen erreicht. In Trockenhefe sind ausserdem häufiger (aber nicht immer) mehr künstliche Inhaltsstoffe (z.B. Emulgatoren) enthalten als in der Frischhefe. In Bäckereien kommt nur Frischhefe zum Einsatz. Ich selber backe auch nur mit Frischhefe. Es ist aber trotzdem immer praktisch, wenn man zusätzlich Trockenhefe im Haus hat. So kann man auch spontan Hefegebäck backen, falls man einmal keine Frischhefe da hat oder die Hefe unbemerkt von Schimmel befallen wurde.
Lagerung
Bei der Lagerung ist die Trockenhefe klar im Vorteil. Verschlossen kann sie bis zu einem Jahr lang aufbewahrt werden, am besten kühl und dunkel. Aber auch die Lagerung bei Raumtemperatur ist kein Problem.
Die Frischhefe ist da etwas anspruchsvoller. Bei Raumtemperatur verdirbt sie sehr schnell. Bei unter 10°C verlangsamen sich ihre Stoffwechselprozesse und sie wird etwas länger haltbar. Bei der idealen Temperatur zwischen 2 - 8°C (im Kühlschrank) hält sie sich bis zu vier Wochen, verliert allerdings schon nach zwei Wochen an Qualität und Triebkraft. Angebrochene Hefe bewahre ich immer dicht in Frischhaltefolie gewickelt auf. Andernfalls trocknet sie schnell aus und verdirbt.
Frischhefe kann man generell auch einfrieren. Bei unter -7°C stellt sie ihre Stoffwechselprozesse komplett ein. Beim Einfrieren können die Hefezellen aber auch beschädigt oder zerstört werden, sodass die Hefe nicht mehr lebensfähig ist. Auf die Hefegärung hat das keinen Einfluss. Sie findet enzymatisch statt und die Hefe muss dazu nicht leben. Die Hefevermehrung wird allerdings durch das Tiefkühlen stark eingeschränkt. Für kurzgeführte Teige kann man gefrorene Hefe also durchaus verwenden, für langgeführte Teige, bei denen eine Hefevermehrung angestrebt wird, sollte nur frische Hefe verwendet werden.
Hefeextrakt
Wer öfters mal Zutatenlisten auf gekauften Produkten durchliest, ist bestimmt schon auf den "Hefeextrakt" gestossen. Dieser wird zwar meist ebenfalls aus der Backhefe gewonnen, hat mit Backen aber nichts zu tun und kann auch nicht als Hefeersatz verwendet werden.
Herstellung von Hefeextrakt
Hefeextrakt wird durch Autolyse gewonnen. Das heisst, dass die Hefezellen abgetötet werden und hefeeigene Enzyme unverdauliche Bestandteile der Hefe auflösen. Übrig bleibt der flüssige Zellsaft. Dieser wird gesalzen, gewaschen und konzentriert. So entsteht Hefeextrakt.
Hefeextrakt ist eine braune Paste, kann aber auch sprühgetrocknet als Pulver verwendet werden.
Verwendung von Hefeextrakt
Hefeextrakt enthält freie Glutaminsäure. Dieser Stoff verleiht ihm eine geschmacksverstärkende Wirkung. Allerdings hat der Hefeextrakt auch einen starken, würzigen Eigengeschmack, der häufig als umami oder ähnlich einer Fleischbrühe beschrieben wird.
Hefeextrakt in purer Form wird im Haushalt kaum verwendet - dafür in der industriellen Lebensmittelherstellung. Da kommt Hefeextrakt in allen möglichen Produkten zum Einsatz, besonders aber in Saucen und Suppen. Er wird vorallem wegen seiner geschmacksverstärkenden Eigenschaften geschätzt. Im Gegensatz zum künstlich hergestellten Mononatriumglutamat gilt Hefeextrakt nicht als schädlich für die Gesundheit.
Auch aus der Sicht des Marketings macht die Verwendung von Hefeextrakt Sinn. Er gilt nämlich nach Lebensmittelgesetz nicht als Geschmacksverstärker und muss auch nicht als solcher gekennzeichnet werden. Produkte mit Hefeextrakt dürfen dadurch mit dem Slogan "ohne Geschmacksverstärker" beworben werden.
Im Privathaushalt benutzen wir Hefeextrakt fast ausschliesslich als Brotaufstrich, meist gemischt mit Salz und anderen Pflanzenextrakten. Zum Beispiel der Brotaufstrich Vegemite, der nicht weniger Wahrzeichen Australiens ist als das Känguru, besteht aus Hefeextrakt - genauso wie das englische Marmite. Auch die Schweiz besitzt einen eigenen Hefeextrakt-Brotaufstrich. Cenovis wurde 1955 sogar Teil der Überlebensration der Schweizer Armee. Bei mir zuhause darf Marmite nicht im Vorrat fehlen. Es gibt kaum etwas schmackhafteres, als eine Scheibe getoastetes Brot mit Butter und Marmite.
Einfluss auf die Gesundheit
Hefeextrakt gilt nicht als ungesund und weist sogar manche sehr gesunde Eigenschaften auf. Besonders geschätzt wird er für seinen hohen Anteil an B-Vitaminen (Ausnahme: B12). Deshalb wird er auch zur Ernährung von kranken und schwachen Menschen in Pflegeanstalten genutzt.
Glutaminsäure ist in gewissen Mengen zwar gesundheitsschädlich, allerdings können diese Mengen im Haushalt nicht erreicht werden. Es gibt zahlreiche andere natürliche Produkte, die ebenfalls Glutaminsäure enthalten wie Tomaten, Parmesan oder Pilze.
Fazit
Hefe ist ein einzelliger Pilz, der schon seit jeher unbewusst zum Backen verwendet wurde. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wird die Bäckerhefe industriell hergestellt. Heute ist sie als Presshefe, frisch in Würfelform oder getrocknet als Pulver erhältlich. Die Art ist aber immer dieselbe: Saccharomyces cerevisiae.
Hefe verwandelt den Zucker und die Stärke im Mehl zu Kohlenstoffdioxid, Alkohol und Säuren. Während dieser Hefegärung erhält ein Teig Geschmack und Volumen.
Die Backhefe hat zwar nichts mit Pilzbefall des Menschen durch Hefepilze zu tun - aber dafür mit Hefeextrakt. Dieser natürliche Geschmacksverstärker wird aber nicht zum Backen, sondern zum Würzen verwendet.
Danke für's Lesen!
Das war's mit meinem Warenkunde-Artikel zum Thema Hefe. Schön, dass du immer noch da bist. Ich hoffe, du hast dabei auch etwas neues gelernt. Oder hast du vielleicht alles schon gewusst? Hinterlasse mir doch etwas weiter unten einen Kommentar!
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Zuletzt bearbeitet am 23.01.2019
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Michael aus B. In Norddeutschland (Dienstag, 09 Juli 2019 20:49)
Hallo, der Artikel ist gut zu lesen. Er stellt die Hefe und was damit zusammenhängt kurz und schön zum Nachlagen in kompakter Form da. Prima und weiter so. Grüße Michael
Christoph S. (Sonntag, 17 November 2024 19:39)
Guter Artikel, hat mir wertvolle Basisinformationen gegeben, danke.